Themenspecial

Prima Klima für Schädlinge und Krankheiten

Wie der Klimawandel die Ernten bedroht

 

 

Zeitenwende auch für die Landwirtschaft

Die meisten Menschen freuen sich über herrlich warme und sonnige Sommer. Schwimmbadzeit, Grillzeit, Urlaubszeit. Alles erscheint leichter und schöner. Fragt man allerdings Landwirt:innen, Agrarexpert:innen und Pflanzenforscher:innen, sieht das schon ganz anders aus. Mit dem Klimawandel verschiebt sich so einiges in der Natur und in der Landwirtschaft - die Menschheit steht daher vor gewaltigen Herausforderungen. Die Auswirkungen sind jetzt schon spürbar: Eine Zunahme von Dürren, Hitze, abnehmende Bodenfeuchte, früherer Blühzeiten und damit die Gefahr von Spätfrostschäden, Flutkatastrophen und vielerorts Wasserknappheit.

Aber es gibt noch starke indirekte Auswirkungen des Klimawandels: Eine Reihe von Pflanzenkrankheiten breiten sich aus, auch viele Schädlinge profitieren vom neuen Klima. Selbst einige Unkräuter fühlen sich auf einmal sehr viel wohler. Das bedeutet: Die Ernten und damit unsere Nahrungsversorgung geraten zunehmend in Gefahr - weltweit. Genau darum geht es in diesem ThemenSpecial. Wie weit ist der Klimawandel fortgeschritten, mit welchen Krankheiten und Schädlingen bekommt es die Landwirtschaft zu tun, wie hoch ist die Bedrohungslage für unsere Nahrungsmittelversorgung und wie können die Ernten gesichert werden.

Hier ist vor allem die Pflanzenforschung gefragt: Denn bis Züchter mit konventionellen Methoden neue, schädlings- und krankheitsresistente Sorten entwickelt haben, kann es viele Jahre dauern. Wahrscheinlich zu viele Jahre, um dem Tempo des Klimawandels folgen zu können. Daher arbeitet die Pflanzenforschung an neuen Konzepten, wie sich Kulturpflanzen gegen Krankheiten und Schädlinge wehren können – ganz ohne Chemie. Hoffnung bietet beispielsweise eine Methode, mit der die Züchtung enorm beschleunigt werden kann: Die Genschere CRISPR/Cas.

Klimawandel XXL

2023 war das bislang wärmste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn

Wie weit ist der Klimawandel bereits fortgeschritten? Wissenschaftliche Daten belegen, dass die durchschnittliche Oberflächentemperatur unseres Planten seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1880 um mindestens 1,1 °C gestiegen ist, besonders stark seit Mitte der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts. Diese Erwärmung ist nicht gleichmäßig über den Globus verteilt. Einige Regionen, darunter die Arktis, erleben eine noch schnellere Temperaturzunahme, die weitreichende Folgen für das Klimasystem der Erde hat. Auch Europa ist ein Hotspot des Klimawandels: Die Daten des Copernicus-Umweltsatelliten belegen, dass sich Europa in den vergangenen fünf Jahren doppelt so schnell aufgeheizt wie andere Kontinente: die Durchschnittstemperaturen stiegen bereits um 2,2 Grad. Szenarien deuten darauf hin, dass bei einem ungebremsten Anstieg der Treibhausgas-Emissionen die globale Durchschnittstemperatur bis zum Ende des 21. Jahrhunderts um weitere 2,8 °C bis 5,7 °C ansteigen könnte. 

Das Ziel, den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad Celsius bis zum zum Ende des Jahrhunderts begrenzen zu können, erscheint vor diesem Hintergrund zweifelhaft. Dazu müsste die Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid bis 2050 auf Null reduziert werden. Eher wahrscheinlich ist, dass bis Mitte des Jahrhunderts - also bereits in knapp 30 Jahren - die globalen Durchschnittstemperasturen um 1 bis 1,3 Grad weiter ansteigen. 

 

Vergleich der Temperaturentwicklung in Deutschland (DWD) und weltweit (NOAA) im Zeitraum 1881 bis 2019, dargestellt als jährliche Abweichung gegenüber dem Mittelwert des Zeitraums 1961-1990; Quelle: © DWD (Deutscher Wetterdienst); Datenursprung: F. Kaspa

Steigende Temperaturen

Wohlfühlzone für Krankheiten und Schädlinge

Apfelwickler, Blattläuse (befallen zahlreiche Kulturpflanzen), Getreidewickler, Glasflügelzikaden (u.a. Zuckerrübe), Japankäfer (u.a. Mais, Obstbäume, Soja, verschiedene Gemüsearten), Kartoffelkäfer, Maiszünsler, Marmorierte Baumwanze (u.a. Mais, Tomate, Aubergine, Weinrebe), Raps­glanz­käfer, Trau­ben­wick­ler

Insekten

Bakterielle Ringfäule (Kartoffeln), Blattrollvirus (Kartoffeln), Feuerbakterium (Olivenbäume), Feuerbrand, Gelbgersten-Mosaikvirus, Gelbverzwergungsvirus (Gerste), Gurkenmosaikvirus, Rapsgelbmosaikvirus, Rübenchlorosevirus, Rübenvergilbungsvirus, SBR-Krankheit (Zuckerrübe), Scharka-Krankheit (Steinobst), Schwarzholzkrankheit (Rebe), Wein­blatt­roll­virus, Weizen­verzwer­gungs­virus

Bakterien & Viren

Fusarium-Kolbenfäule bei Mais, Kraut- und Knollenfäule bei Kartoffeln, Mehltau (Echter und Falscher Mehltau) bei verschiedenen Kulturarten, Rostkrankheiten bei verschiedenen Kulturarten, Schwarzbeinigkeit und Wurzelfäule bei Getreide, Septoria-Blattdürre bei Weizen

Pilze

Beifußblättriges Traubenkraut, Flughafer, Fuchsschwanz-Amaranth, Gemeine Melde, Gemeines Greiskraut, Jakobskreuzkraut, Kanadische Goldrute, Krauser Ampfer, Schwarzer Nachtschatten, Windhalm

Unkräuter

Die Gewinner des Klimawandels

Einige Arten profitierten besonders von der globalen Erwärmung und sind eine Gefahr für die Landwirtschaft: Dazu gehören wärmeliebende Insekten, die als Fraßschädlinge und Überträger von Pflanzenviren die Ernten gefährden. Einige Pilzkrankheiten breiten sich ebenfalls stärker aus. Auch wird davon ausgegangen, dass bestimmte Unkrautarten sich besonders gut an die neuen Klimaverhältnisse anpassen können. Beispiele gibt es oben – einfach auf die Icons gehen.

Wenn wir ungebremst durch Verbrennung fossiler Energieträger Treibhausgase in die Atmosphäre abgeben, wird die globale Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts um mehr als 4 Grad Celsius steigen.
Schon jetzt hat sie sich um knapp 1,2 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erhöht.
Durch den Klimawandel verändern sich Temperatur und Niederschlagsmuster, was neue Lebensräume für Schädlinge, Krankheiten und Unkräuter schaffen wird. Einige Schädlinge, die zuvor nicht überleben konnten, finden nun aufgrund wärmerer Temperaturen und milderer Winter günstigere Bedingungen vor.
Bei 3-6 Grad höheren Temperaturen breiten sich wärmeliebende Insektenschädlinge bis zu 1000 km nach Norden aus.
Höhere Temperaturen führen auch dazu, dass sich Schadorganismen schneller vermehren. Auch benötigen sie mehr Nahrung, da der Stoffwechsel sich bei steigenden Temperaturen beschleunigt. Dies führt zu stärkerem Befall und größeren Schäden in der Landwirtschaft.
Die globale Ernährungssicherheit ist damit in Gefahr. Die Folgen könnten dramatisch sein: Hungersnöte, mehr Migration, kriegerische Konflikte.
Die Landwirtschaft muss sich dem Klimawandel daher sehr schnell anpassen.
Dazu gehören:
  • die rasante Entwicklung resistenter Pflanzensorten mit Hilfe moderner Pflanzenforschung,
  • der Einsatz biologischer Schädlingsbekämpfungsmethoden und
  • die Anwendung integrierter Schädlingsmanagement-Praktiken.
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Große Hungersnot in Irland. Zeichnung der Irin Bridget O'Donnel im Mai 1849. Ihre gesamte Familie war infolge von Unterernährung geschwächt und an Typhus erkrankt (Bildquelle: © The Illustrated London News 1849, CC BY 2.0 DEED)

Die Große Hungersnot in Irland - ein historisches Beispiel

Welchen dramatischen Auswirkungen Klimaanomalien und -schwankungen auf die Landwirtschaft haben können, zeigt das Beispiel der Großen Hungersnot in Irland um das Jahr 1850.

Hauptnahrungsmittel der irischen Bevölkerung war damals die Kartoffel. Umso dramatischer war es, dass nahezu alle Felder von der Kraut- und Knollenfäule befallen worden sind, verursacht durch den Pilz Phytophthora infestans. Vermutlich wurde der Erreger durch den Schiffsverkehr zwischen Amerika und Europa nach Irland eingeschleppt. Die Jahre 1845 bis 1849 waren durch besonders feuchtes Wetter gekennzeichnet, was die Ausbreitung des Pilzes begünstigte. Der Pilz befällt die Blätter und Stängel der Kartoffelpflanze und verursacht dann das Faulen der Knollen. Der Pilz verbreitet sich unter den feuchten Bedingungen besonders schnell und vernichtete ganze Felder innerhalb weniger Tage. Die Hungersnot führte zum Tod von etwa einer Millionen Menschen.

Da viele Kleinbauern auch ihre Pacht nicht mehr zahlen konnten und die landwirtschaftliche Produktion zusammenbrach, nutzten einige Grundbesitzer die Gelegenheit, Pächter zu vertreiben. Dies geschah oft mit wenig Rücksicht auf die humanitären Konsequenzen. Die Vertreibungen waren häufig gewaltsam und führten dazu, dass Familien ihr Zuhause und ihre Lebensgrundlage verloren.

Hungersnot und Vertreibung führten auch zu einer großen Auswanderungswelle – etwa eine Millionen Irinnen und Iren verließen ihr Land und migrierten vorwiegend nach Amerika und Australien.

Eine solche Situation kann sich auch in Zukunft wiederholen. Gerade in Entwicklungsländern könnten klimabedingte Ausbrüche von Pflanzenkrankheiten oder massiver Schädlingsbefall zu immensen Hungersnöten und großen Migrationswellen führen – zumal sich in diesen Ländern die meisten Kleinbauern chemischen Pflanzenschutz nicht leisten können.

Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Landwirtschaft aus?

Der Klimawandel führt nicht nur zu steigenden Temperaturen, sondern auch zu veränderten Niederschlagsmustern. Beide Faktoren haben einen erheblichen Einfluss auf die Landwirtschaft:

  • Es kommt zu geränderten Regenmustern (zeitlich und regional), was in einigen Regionen zu Dürren und in anderen zu Überschwemmungen führen kann. Beides gefährdet die landwirtschaftlichen Erträge. Auch die Verfügbarkeit von Grund- und Oberflächenwasser für eine künstliche Bewässerung ist schon vielerorts stark eingeschränkt – zum Beispiel im Mittelmeerraum.
  • Die erhöhten Temperaturen beeinflussen die Wachstumsbedingungen für viele Kulturpflanzen. In manchen Fällen ist das für das Wachstum förderlich, in anderen Fällen kann das großen Stress für die Pflanzen bedeuten und zu einer Verringerung der Ernteerträge führen. So verursachen beispielsweise Hitzeperioden zur Blütezeit des Mais eine männliche Sterilität bei den Pflanzen – die Blüten entwickelt keinen Pollen und ohne Befruchtung bleibt die Entwicklung der Maiskolben aus.
  • In einigen Fällen können sich die geeigneten Anbaugebiete für bestimmte Kulturen verschieben, da sich die klimatischen Bedingungen ändern. Das kann dazu führen, dass Landwirte ihre Anbaupraktiken anpassen oder sogar zu anderen Kulturen wechseln müssen.
  • Veränderte Niederschlagsmuster und extreme Wetterereignisse beeinträchtigen auch die Bodenqualität: Ein Wechsel von Dürren und Starkregen fördert die Bodenerosion, also ein Abschwemmen der oberen fruchtbaren Bodenschichten. Das wiederum verringert die Produktivität der Landwirtschaft.
  • Wärmere Temperaturen und veränderte Feuchtigkeitsbedingungen können das Auftreten und die Verbreitung von Schädlingen und Krankheiten fördern, was zu erheblichen Ernteausfällen führen kann.

 

Klimawandel: Höhere Temperaturen, mehr Dürren. Aber auch Starkregen und Überflutungen wird es häufiger geben (© www.pflanzenforschung.de)

 

 

Die Schädlinge kommen

Klein, aber verheerend

 

 

Der Klimawandel machts möglich: Massenvermehrung von Schädlingen und Einwanderung neuer Arten (© www.pflanzenforschung.de)

Warum sind Schädlinge auf dem Vormarsch?

Die erhöhten Durchschnittstemperaturen seit einigen Jahrzehnten haben die Perioden höherer Lebensaktivität für tierische Schaderreger ausgedehnt. Mehr Schädlinge überleben die zunehmend milden Winter und schnell ansteigende Temperaturen im Frühjahr sorgen für ideale Entwicklungsbedingungen. Saugende Schädlinge (z.B. Blattläuse, Wanzen, Zikaden) und beißende Schädlinge (z.B. Blattrandkäfer, Schnecken) schädigen die Kulturpflanzen nun früher im Jahr und es kommt oft auch zu einer stärkeren Massenvermehrung der Tiere.

Ein anderer gewichtiger Faktor: Neue Schädlinge wandern ein, weil sie infolge des Klimawandels nun günstige Entwicklungsbedingungen vorfinden – etwa der wärmeliebende Maiszünsler, der sich in Deutschland immer weiter nordwärts ausgebreitet hat. Insbesondere eine zunehmende Trockenheit in den Sommermonaten begünstigt die Eiablage und deren Entwicklung. Weitere Beispiele sind der Borkenkäfer, die marmorierte Baumwanze, der Kartoffelkäfer, die Reben- und Essigfliege oder Getreideblattläuse. Seit 1960 sind wärmeliebende Insektenschädlinge weltweit jedes Jahr um 2,7 Kilometer nach Norden gewandert. Unter Experten gilt die Faustformel, dass eine Erwärmung um 3-6 Grad Celsius die Verbreitungsgrenze mancher Schadinsekten in Europa um über 1000 Kilometer nach Norden verschiebt.

Neu eingewanderte Schädlingsarten haben teilweise auch keine natürlichen Feinde und können sich daher umso stärker in ihrer neuen Umgebung vermehren. Das trifft beispielsweise auf die marmorierte Baumwanze oder den südamerikanischen Tomatenwickler zu, die vor 10-15 Jahren zum ersten Mal in Deutschland gesichtet wurden.

Es hat sich auch gezeigt, dass bei einigen Schadinsekten zusätzliche Generationen pro Jahr auftreten, so auch beim Apfelwickler im Obstbau. Die Tiere profitieren vom früheren Beginn des Frühlings und einem längeren Herbst. Das gibt den Tieren mehr Zeit, ihre Lebenszyklen abzuschließen und zusätzliche Generationen zu produzieren - bis zu drei Generationen sind in Deutschland nun möglich. Dies war bislang z.B.  nur in warmen Gebieten der USA oder in Südfrankreich beobachtet worden.

Auch die gestiegene Kohlendioxidkonzentration in der Atmosphäre hat Auswirkungen auf die Schäden, die durch Fraßschädlinge entstehen.  Ein Anstieg der CO2-Konzentration kann das C:N-Verhältnis in Pflanzen erhöhen. Dies geschieht, weil die Pflanzen durch die Photosynthese mehr Kohlenstoff in Form von Kohlenhydraten speichern, während der Stickstoffgehalt relativ dazu abnehmen kann, wenn er durch die Bodenverfügbarkeit begrenzt ist. Insekten, insbesondere herbivore Insekten, sind aber auf Pflanzenproteine und andere stickstoffhaltige Verbindungen angewiesen, die sie zur Eiablage und zur Entwicklung ihrer Larven benötigen. Wenn der Stickstoffgehalt in Pflanzen sinkt, sinkt auch deren Nährwert für die Insekten. Das kann zu kompensatorischem Fressverhalten führen, bei dem Insekten mehr Pflanzenmaterial konsumieren, um ihren Nährstoffbedarf zu decken.

Kurz vorgestellt:

Schädlinge mit "Klimageschichte"

Hier stellen wir einige Pflanzenschädlinge vor, die auch für Deutschland relevant sind. Sie haben sich bereits erfolgreich ausgebreitet, sind vereinzelt schon beobachtet worden oder stehen kurz davor, nach Deutschland einzuwandern. Andere waren schon da, vermehren sich aber unter den neuen Klimabedingungen immer schneller.

Maiszünsler - ein alter Neuankömmling

Der Maiszünsler (Ostrinia nubilalis) ist eine Schmetterlingsart und heute der bedeutendste Maisschädling in Deutschland. Er kann Ertragsverluste bis zu 50 Prozent verursachen.

Durch den Klimawandel und die damit verbundenen wärmeren Temperaturen kann der Maiszünsler heute auch in Gebieten gedeihen, die zuvor zu kalt für seine Entwicklung waren. Ursprünglich aus Südosteuropa und Asien stammend, hat sich der Maiszünsler über die Jahre weltweit verbreitet und ist mittlerweile auch in vielen Teilen Europas und Nordamerikas anzutreffen. In Deutschland war er anfangs nur in Süddeutschland anzutreffen, doch mittlerweile hat er alle Maisanbaugebiete erorbert.

In wärmeren Klimazonen kann der Maiszünsler mehrere Generationen pro Jahr hervorbringen. In Deutschland, wo bisher meist eine Generation pro Jahr üblich war, könnte es durch anhaltend höhere Temperaturen zur Entwicklung einer zweiten Generation kommen, was die Schadenspotenziale erhöht.

Schadbild:

Die Larven des Maiszünslers fressen an den Blättern der jungen Maispflanzen, was die Photosyntheseleistung beeinträchtigen kann. Der gravierendste Schaden entsteht, wenn die Larven in den Stängel der Maispflanzen eindringen und dort Gänge bohren. Dies schwächt den Stängel und kann zu Brüchen führen, besonders bei Wind oder schwerem Regen. Dieser Schaden beeinträchtigt die Stabilität und das Wachstum der Pflanze erheblich. Auch kommt es auch zu einer verringerten Nährstoff- und Wasserzufuhr, was letztlich die Kolbenentwicklung und somit den Ertrag reduziert.

Die durch die Larven verursachten Wunden können auch Eintrittspforten für Pilze und andere Krankheitserreger sein, was zu weiteren Schäden führt.

Heutige Maßnahmen zur Bekämpfung des Maiszünslers umfassen den Einsatz von Insektiziden, den Anbau resistenter Maissorten und biologische Kontrollmethoden wie das Ausbringen von natürlichen Feinden der Larven.

Ein Maiszünsler: ein unscheinbarer Schmetterling mit gefräßigen Raupen (© entomart, Wikipedia)
Der Japankäfer: Frisst Wurzeln, Blätter, Blüten und Früchte (© Joseph Berger, Bugwood.org, Wikipedia, CC BY 3.0 us)

Der Japankäfer - er steht bereits "vor der Tür"

Der Japankäfer (Popillia japonica) ist ursprünglich in Japan beheimatet, hat sich aber im Laufe des 20. Jahrhunderts vor allem in Nordamerika ausgebreitet, wo er als signifikanter landwirtschaftlicher Schädling gilt. In Europa wurde der Käfer erstmals 2014 in Italien gemeldet, in der Schweiz erstmals 2017. Betroffen sind vor allem Gebiete in der Nähe der italienischen Grenze. In Deutschland ist der Japankäfer bisher noch nicht etabliert, es gibt jedoch Bedenken, dass er aufgrund des Klimawandels und der zunehmenden Globalisierung auch hier Fuß fassen könnte.

Der Japankäfer ist in der Landwirtschaft besonders problematisch, da er eine breite Palette von über 300 Pflanzenarten befällt, darunter viele wichtige landwirtschaftliche und gärtnerische Kulturen. Zu den bevorzugten Kulturen gehören unter anderem Weinreben, Hopfen, Mais, Obstbäume und Zierpflanzen. In den USA werden die jährlichen Schäden durch den Japankäfer auf etwa 450 Millionen Dollar geschätzt, einschließlich der direkten Ernteverluste und der Aufwendungen für Bekämpfungsmaßnahmen.

Der Klimawandel könnte die Ausbreitung des Japankäfers begünstigen, indem er die Überlebensraten im Winter erhöht und die Anzahl an Generationen, die in einem Jahr produziert werden können, steigert. Wärmere Temperaturen könnten auch dazu führen, dass sich der Käfer noch weiter nordwärts wandert.

Schadbild:

Die Larven des Japankäfers, auch Engerlinge genannt, ernähren sich von den Wurzeln verschiedener Pflanzen. Dieser Wurzelfraß beeinträchtigt die Fähigkeit der Pflanzen, Wasser und Nährstoffe aufzunehmen, was zu Welkeerscheinungen, vermindertem Wachstum und im schlimmsten Fall zum Absterben der Pflanze führen kann.

Erwachsene Käfer fressen die Blätter vieler (Kultur-)Pflanzenarten, wobei sie die Blätter zwischen den Blattadern stehen lassen und so das charakteristische "Skelettieren" der Blätter verursachen. Dieser Schaden reduziert die Photosyntheseleistung der Pflanze erheblich.

Die Tiere fressen auch Blüten und junge Früchte, was die Bestäubung beeinträchtigen und zu einem direkten Verlust von Erträgen führen kann, besonders bei Kulturpflanzen wie Äpfeln, Pfirsichen und Weintrauben.

In Regionen, in denen der Japankäfer bereits eingewandert ist, werden verschiedene Bekämpfungsstrategien angewandt, darunter der Einsatz von Insektiziden, die Verwendung von Fallen und die biologische Kontrolle durch natürliche Feinde oder Pathogene. Aufgrund seiner potenziellen Bedrohung ist es wichtig, dass Länder wie Deutschland Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen implementieren, um eine Einwanderung frühzeitig zu erkennen und zu bekämpfen.

Apfelwickler - einer alter Schädling fühlt sich immer wohler

Der Apfelwickler (Cydia pomonella) ist ein bedeutender Schädling im Obstbau, besonders bei Äpfeln, aber auch bei Birnen und Walnüssen. Der Schmetterling ist weltweit verbreitet und stellt eine erhebliche Bedrohung für Obstkulturen dar. In Deutschland gibt es diese Art seit langem - schon vor Jahrhunderten war dieser Schädling den Obstbauern bekannt.

Der Klimawandel könnte aber die Dynamik des Apfelwicklerbefalls deutlich verstärken. Wärmere Temperaturen führen zu einer Beschleunigung des Lebenszyklus und möglicherweise zu mehr als zwei Generationen pro Jahr, was den Druck auf die Obstkulturen erhöht. Ein einzelnes Weibchen legt typischerweise zwischen 50 und 150 Eier pro Eiablage. Darüber hinaus könnten sich die geografischen Verbreitungsgebiete des Apfelwicklers noch erweitern.

Schadbild

Der Apfelwickler legt seine Eier auf junge Früchte oder nahe den Fruchtstielen. Nach dem Schlüpfen bohren sich die Larven in die Frucht ein und ernähren sich von deren Innerem. Diese Aktivität führt zu charakteristischen Fraßgängen und Kotablagerungen in den Früchten. Nach der Fütterung verlassen die Larven die Frucht, um sich zu verpuppen.

Die direkten Schäden durch den Apfelwickler sind erheblich. Befallene Früchte können nicht verkauft werden, was zu erheblichen Ertragsverlusten führt.

Zur Bekämpfung des Apfelwicklers werden heute verschiedene Methoden eingesetzt, darunter der Einsatz von Pheromonfallen zur Überwachung und Reduzierung der Männchenpopulation, der Gebrauch von Insektiziden und der Einsatz von biologischen Kontrollmaßnahmen wie Bacillus thuringiensis oder Trichogramma-Schlupfwespen, die die Eier des Apfelwicklers parasitieren. Die Bekämpfung des Apfelwicklers erfordert eine integrierte Schädlingsmanagementstrategie, die sowohl die wirtschaftlichen als auch die ökologischen Aspekte berücksichtigt.

Eine Jungraupe des Apfelwicklers in einem Apfelkerngehäuse (© Joachim K. Löckener, Wikipedia, CC BY-SA 3.0)
Eine Blattlaus saugt an einer Pflanze. Damit kann sie nicht nur die Pflanze direkt schädigen, sondern auch Erreger übertragen – insbesondere Viren (© Claudio Gratton, University of Wisconsin, Wikipedia)

Blattläuse – Gewinner des Insektensterbens

Eine Studie des Julius Kühn-Institutes brachte es an Licht: Blattläuse gehören zu den Gewinnern des Klimawandels und der industriellen Landwirtschaft. Die Biomasse fliegender Insekten auf den landwirtschaftlichen Flächen der Region Nordharz sind seit der Jahrtausendwende um 95 Prozent zurückgegangen. Doch Pflanzenschädlinge wie Blattläuse haben sich entgegen diesem Trend vermehrt.

Blattläuse sind kleine, weichkörperige Insekten, die als Schädlinge auf einer Vielzahl von Ackerpflanzen vorkommen. Sie ernähren sich von Pflanzensäften, indem sie ihre stechenden Mundwerkzeuge in die Phloemgefäße der Pflanzen einführen und Saft saugen. Dies schwächt die Pflanzen, da sie wichtige Nährstoffe verlieren.

Blattläuse entwickeln sich mit dem Klimawandel nun früher und schneller und sie sind länger im Jahr aktiv. Die Anpassungsfähigkeit zeigt sich bei diesen Schädlingen auch bei der Wahl der Überwinterungsplätze: Fortpflanzung und Eiablage erfolgen verstärkt auf Winterraps und -getreide. Im Frühjahr sind die Tiere dann sofort auf den Feldern aktiv.

Eine weitere Ursache für die Zunahme von Blattläusen: Ihre natürlichen Feinde wie Marienkäfer, Schwebfliegen, Florfliegen, Blattlausschlupfwespen oder die Räuberische Gallmücke gibt es immer seltener – entweder, weil sie sich schlechter an die steigenden Temperaturen anpassen können oder ihnen in der monotonen Agrarlandschaft die Lebengrundlagen fehlen.

Schadbild

Die Ernährungsweise der Blattläuse kann dazu führen, dass Pflanzen vergilben, kümmerlich wachsen und im Wachstum zurückbleiben. In schweren Fällen kann dies zum Tod der Pflanze führen.

Neben den direkten Schäden durch das Saugen der Tiere an den Pflanzen ist vor allem die Übertragung von Viruskrankheiten das Hauptproblem. Zu den übertragenen Viren gehören beispielsweise Blattrollviren (wie das Kartoffelrollvirus), Mosaikviren wie das Tabakmosaikvirus oder Gelbverzwergungsviren wie das Gersten- oder Weizenverzwergungvirus.

Insektizide sind eine häufige Methode zur Bekämpfung von Blattläusen, obwohl Resistenzentwicklung ein zunehmendes Problem darstellt. Nützlinge wie Marienkäfer, Florfliegen und parasitische Wespen sind natürliche Feinde von Blattläusen und können zur biologischen Bekämpfung eingesetzt werden.

 

 

Alte Krankheiten mit neuer Brisanz Mehr Ertragsausfälle drohen

 

 

Auch bestimmte Viren, Pilze und Bakterien profitieren auch vom Klimawandel (© www.pflanzenforschung.de)

Einige Erreger "starten durch"

Und dann gibt es noch zahlreiche Pflanzenerreger wie Viren, Bakterien und Pilze, die sich mit dem Klimawandel ausbreiten. Sie werden künftig auch dort auftreten, wo sie bis dahin unbekannt oder gut zu kontrollieren waren. Zudem können unter veränderten Umweltbedingungen schnell neue und womöglich aggressivere - Varianten entstehen.

So mehren sich die Berichte, dass Pilzkrankheiten wie Mehltau, Braunrost, Getreiderost und verschiedene Blattfleckenkrankheiten wie Rizomania bei Zuckerrüben verstärkt auftreten, ebenso die berüchtigte Kraut- und Knollenfäule an Kartoffeln. Insbesondere Pilze profitieren von einem wärmeren und feuchten Klima im Frühling und Sommer. Getreidefußkrankheiten wie Rost oder Septoria werden durch feuchte und milde Winter gefördert.

Einige Erreger werden auch von blattsaugenden Läusen oder Zikaden (als sogenannte Vektoren) übertragen, die auch vom Klimawandel profitieren. Dies ist ein weiterer Grund für den Vormarsch einiger Pflanzenkrankheiten.

Kurz vorgestellt:

Pflanzenkrankheiten mit Vorliebe für das neue Klima

Mehltau

Mehltau ist eine Bezeichnung für verschiedene Pilzkrankheiten, die viele landwirtschaftliche und gartenbauliche Kulturen befallen. Es gibt zwei Haupttypen von Mehltau: echter Mehltau und falscher Mehltau. Beide Formen sind weit verbreitet und können erhebliche Schäden an landwirtschaftlich genutzten Pflanzen verursachen.

Echter Mehltau bevorzugt warme, trockene Bedingungen, die in einigen Regionen durch den Klimawandel häufiger werden könnten. Von dieser Krankheit sind Weinreben, Kürbisgewächse (wie Gurken und Melonen), Äpfel und Erdbeeren betroffen, aber auch Weizen, Gerste, Hafer und Roggen.

Schadbild:

Echter Mehltau zeigt sich als weißlicher, pulveriger Belag vor allem auf den Blättern, aber auch auf Stängeln und manchmal Ähren. Der Befall kann zu einer Gelbfärbung der Blätter und frühzeitigem Blattfall führen.

Die Photosyntheseleistung der befallenen Pflanzen wird reduziert, was das Wachstum und die Entwicklung der Pflanzen stört. Bei starkem Befall können die Erträge und die Qualität der Ernten deutlich verringert sein.

Echter Mehltau: Infiziertes Blatt mit Pilzgeflecht (© Norbert Nagel, Wikipedia, CC BY-SA 3.0)
Von der Schwarzholzkrankheit betroffene Weinrebe mit vertrockneten Beeren und chlorotischen Blättern (gemeinfrei)

Schwarzholzkrankheit - wärmeliebende Zikaden bereiten den Weg

Die Schwarzholzkrankheit, auch bekannt als "Bois noir", ist eine Form der Vergilbungskrankheit bei Weinreben. Diese Krankheit äußert sich durch Vergilbung der Blätter, Verbräunung der Holzgewebe und Wachstumshemmung. Es handelt sich um eine schwerwiegende Erkrankung, die die Qualität und Menge der Traubenernte signifikant beeinträchtigen kann.

"Bois noir" wird durch Phytoplasmen (zellwandlosen Bakterien) verursacht. Diese mikroorganismenähnlichen Bakterien werden hauptsächlich durch Zikaden, insbesondere durch die Rebenzikade bzw. Glasfügelzikade (Hyalesthes obsoletus), übertragen.

Der Klimawandel begünstigt die Ausbreitung der Zikaden und damit die Verbreitung dieser Krankheit. Extreme Wetterbedingungen wie Dürre oder Hitze können Reben zusätzlich stressen und sie anfälliger für solche Infektionen machen.

An Mosel und Mittelrhein sind mittlerweile Befallshäufigkeiten von 20 bis 30 % keine Seltenheit. In stark befallenen Parzellen können auch bis zu zwei Drittel der Reben infiziert sein. Ab ca. 70 % Befall kann man von einem Totalausfall sprechen.

Dürrefleckenkrankheit - ein wärmeliebender Pilz

Die Dürrefleckenkrankheit bei Kartoffeln, besser bekannt als Früh- oder Braunfäule, wird durch den Pilz Alternaria solani verursacht. Dieser Pilz ist auch ein verbreiteter Erreger bei Tomaten und anderen Nachtschattengewächsen, wo er ähnliche Symptome verursacht.

Alternaria solani gedeiht bei höheren Temperaturen und in feuchter Umgebung. Optimale Entwicklungsbedingungen sind demnach längere warme Trockenperioden mit kurzen Feuchtigkeitsphasen (Niederschläge, Beregnung oder nächtliche Taubildung). Mit dem Klimawandel werden solche Situationen häufiger eintreten.

Schadbild:

Die Krankheit zeigt sich zunächst in Form von kleinen, dunklen Flecken auf den Blättern. Diese Flecken können sich vergrößern und dunkle Ringe aufweisen, was ihnen ein „zielbrettartiges“ Aussehen verleiht. Die Flecken breiten sich aus und führen zu nekrotischen Bereichen, die das Blattgewebe zerstören können. Bei schwerem Befall können die Blätter absterben, was zu vorzeitigem Laubfall führt. Der Pilz kann auch die Stängel und die Knollen befallen, was zu weiteren Ertrags- und Qualitätsverlusten führt.

Erste Symptome der Dürrefleckenkrankheit auf einem Tomatenblatt (© Dwight Sipler, Wikipedia, CC BY 2.0)

 

 

Wird das Essen knapp?

Düstere Prognosen

 

 

Die Ertragsverluste im Weizenanbau könnten um fast 50 Prozent durch Schädlingsbefall zunehmen (© Michael Gäbler, Wikipedia, CC BY-SA 3.0)

Also nicht nur Hitze und Dürren könnten in Zukunft die Ernten dahinraffen. Jeder Temperaturanstieg beeinflusst auch das Verhalten von Schädlingen und das Ausbreitungsverhalten von Krankheiten. Wie sich der Klimawandel konkret auf die landwirtschaftliche Produktivität in Zukunft auswirken wird, kann heute nur grob prognostiziert werden.

Eine Modell-Studie, veröffentlicht in der renommierten Fachzeitschrift Science, wirft jedoch ein relativ düsteres Bild auf das, was uns erwarten könnte. Zumindest wenn wir unsere Landwirtschaft nicht besser an den Klimawandel anpassen.

Die weltweiten Ernteverluste bei Weizen, Mais und Reis könnten pro gestiegenem Grad Celsius um zehn bis 25 Prozent zunehmen – alleine durch den erhöhten Schädlingsbefall. Steigt die globale Durchschnittstemperatur z.B. um zwei Grad Celsius, nehmen laut der Modellstudie der University of Washington in Seattle die Ertragseinbußen bei Weizen um 46 Prozent zu, bei Mais um 31 und bei Reis um 19 Prozent. Erschreckend dabei: Betroffen wären insbesondere die gemäßigten Zonen, in denen wichtige Anbaugebiete dieser Grundnahrungsmittel liegen.

Denn wesentlich für die Modellrechnung waren zwei Faktoren: Höhere Temperaturen begünstigen das Populationswachstum von Insekten, wenn auch in regional deutlich unterschiedlichem Ausmaß. In tropischen Gefilden haben Insekten schon jetzt ideale Bedingungen, ein weiterer Temperaturanstieg würde das Populationswachstum eher bremsen. Aber in den gemäßigten Breiten – z.B. in Europa - wäre der Effekt allerdings genau umgekehrt: Hier ist es bislang noch zu kühl für Insekten und ihre maximale Vermehrungsrate erreichen die Tiere erst noch mit dem fortschreitenden Klimawandel. Und dann verändert sich auch ihre Stoffwechselrate. Die höheren Temperaturen beschleunigen den Metabolismus und damit den Nahrungsbedarf – zum Schaden der Landwirtschaft.

Weizen, Mais und Reis machen heute etwa 42 Prozent der gesamten menschlichen Ernährung aus. Die Forschenden berechneten, dass jedes Jahr alleine durch klimabegünstigte Schädlinge zusätzlich über 213 Millionen Tonnen an Ertrag verloren gehen kann. Ohne Gegenmaßnahmen wird dadurch die globale Lebensmittelversorgung in Gefahr geraten.

 

 

Die Herausforderung: Ertragssicherheit ohne chemischen Pflanzenschutz EU-Nachhaltigkeitsziele lassen sich ohne Innovationen nicht verwirklichen

 

 

Der europäische Green Deal ist ein Paket politischer Initiativen, um einen grünen Wandel in der EU zu vollziehen. Auch die Landwirtschaft soll deutlich nachhaltiger werden (© www.pflanzenforschung.de)

Die Europäische Union hat Zeichen gesetzt: Die Landwirtschaft soll nachhaltiger werden. So strebt die EU eine Reduzierung des Einsatzes von chemischen Pflanzenschutzmitteln um 50 Prozent bis 2030 an, um negative Umweltwirkungen der Landwirtschaft z.B. auf die Biodiversität zu reduzieren. Dies ist Bestandteil der sogenannten Farm-to-Fork- und der Green Deal-Strategie. Auch der Einsatz von mineralischen Düngern soll um 20 Prozent gesenkt und die ökologisch bewirtschafteten Anbauflächen erweitert werden.

Das Problem dabei: Auch unabhängig von den steigenden Gefahren durch den Klimawandel führen die Einschränkungen beim chemischen Pflanzenschutz und Düngung – laut einer Studie der Universität Wageningen – zu deutlichen Ertragseinbußen: Reduziert man den chemischen Pflanzenschutzmitteleinsatz um 50 Prozent, würden die Ernten um bis zu 30 Prozent einbrechen – so die Prognose. Die Reduktion bei der mineralischen Düngung führe wahrscheinlich zu Ertragsverlusten um 25 Prozent. Eine Ausdehnung der ökologisch bewirtschafteten Flächen auf einen Anteil von 25 Prozent würde die Produktivität der Landwirtschaft um weitere 10 Prozent herabsetzen, so ein Szenario. Neben den Ertragsrückgängen zeigen sich in den durchgespielten Szenarien auch sekundäre Effekte wie Preisanstiege sowie steigende Importe.

Die Produktionsrückgänge, die durch den Green Deal in Europa entstehen werden, müssen irgendwie ausgeglichen werden. Ein Szenario ist, dass Europa mehr Agrarrohstoffe und Lebensmittel importieren wird, für die in anderen Regionen der Welt mehr Acker- und Weideflächen bereitgestellt werden müssten. Eine mit Blick auf die globalen Nachhaltigkeitsziele fragwürdige Entwicklung, da die Standards in den meisten Produktionsländern tendenziell schlechter sind als in Europa.

Es stellt sich daher die Frage, wie diese Ertragseinbußen vermieden werden und wir uns in Europa selbst versorgen können – auch wenn sich dann noch zusätzlich Krankheiten und Schädlingen durch den Klimawandel weiter ausbreiten.

Wir Europäer könnten unser Ernährungsverhalten anpassen, weniger Fleisch konsumieren und weniger Nahrungsmittel verschwenden. Doch ob das zeitnah und umfassend realisierbar ist, ist angesichts der Dringlichkeit der Probleme fraglich.

Daher kommt hier die Pflanzenforschung ist Spiel. Neue Züchtungstechniken wie die Genomeditierung können den Züchtungsprozess von widerstandsfähigen und nährstoffeffizienten Nutzpflanzen stark beschleunigen. Auch innovative Pflanzenschutzkonzepte z.B. auf Basis von RNA-Sprays sind eine innovative Alternative, uns von der Abhängigkeit vom chemischen Pflanzenschutz zu befreien und gleichzeitig die landwirtschaftliche Produktivität hochhalten.

In Zukunft soll der chemische Pflanzenschutz aus Umweltschutzgründen stark eingeschränkt werden. Die Pflanzenforschung bietet dafür alternative und innovative Konzepte (© Frank Vincentz, Wikipedia, CC BY-SA 3.0)

 

 

Erträge schnell sichern Innovative Technologien stehen bereit

 

 

Marienkäfer: Dieser Nützling kann viele Schadinsekten fernhalten. Aber die Landwirtschaft muss ihn schützen und einen geeigneten Lebensraum geben (© Jon Sullivan, Wikipedia, gemeinfrei)

Gute fachliche Praxis – Standardmaßnahmen und mehr Biodiversität

Um die mit Fortschreiten des Klimawandels stärker auftretenden Pflanzenschädlinge und Krankheiten nachhaltig und möglichst ohne chemischen Pflanzenschutz zu bekämpfen, gibt es zunächst eine Reihe von konventionellen Maßnahmen, die ohnehin befolgt werden sollten.

Dazu gehört beispielsweise die Integrierte Schädlingsbekämpfung. Diese Methode kombiniert biologische, kulturelle, mechanische und chemische Maßnahmen zur Schädlingsbekämpfung. Ziel ist es, Schädlinge auf einem akzeptablen Niveau zu halten, indem natürliche Feinde von Schädlingen wie bestimmte Insekten, Nematoden oder Pilze gefördert und chemische Eingriffe dabei minimiert werden.

Auch eine Änderung der Anbautechniken wie Fruchtfolge, Mischkulturen und verbesserte Bodenbearbeitung können helfen, Schädlingspopulationen zu reduzieren und die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern. Durch die Erhöhung der Biodiversität auf den Feldern und in den umliegenden Landschaften kann das ökologische Gleichgewicht zusätzlich gefördert werden, was wiederum die Widerstandsfähigkeit der Kulturen gegen Schädlinge und Krankheiten stärkt. Doch das alleine wird das Problem nicht lösen.

„Selbstverteidiger“ – mit der Genschere schnell erzeugt

Die Pflanzenforschung bietet noch deutlich effizientere Methoden, um Kulturpflanzen gegen Pathogene und Schädlinge zu schützen. Die „Königsdisziplin“ ist die Erzeugung von Pflanzen, die gegenüber einer Krankheit resistent sind. Diese Pflanzen benötigen keinen chemischen Pflanzenschutz mehr. Ein Beispiel ist die Erzeugung krankheitsresistenter Pflanzen mit Hilfe der Genschere CRISPR/Cas, bei denen sogenannte Anfälligkeitsgene der jeweiligen Pflanze ausgeschaltet werden. Ein entscheidender Vorteil dieser innovativen Technologie ist es, dass resistente Pflanzen sehr schnell hergestellt werden können – innerhalb von Monaten statt bis zu zwanzig Jahren mit konventionellen Methoden der Resistenzzüchtung.

Ein Anfälligkeitsgen (S-Gen) ist ein Teil des Pflanzengenoms, das, obwohl es unter normalen Umständen eine wichtige Funktion für das Wachstum und die Entwicklung der Pflanze spielt, auch von bestimmten Krankheitserregern ausgenutzt werden kann, um die Pflanze zu infizieren. Diese Gene machen die Pflanze anfällig für Infektionen durch spezifische Pathogene wie Viren, Bakterien, Pilze oder andere Parasiten.

Die S-Gene kodieren oft für Proteine, die essentielle Funktionen für die Pflanze erfüllen. Diese können beispielsweise an der Regulation des Zellwachstums, der Zellteilung oder der Stoffwechselprozesse beteiligt sein. Die Pathogene haben im Laufe der Evolution Mechanismen entwickelt, um diese S-Gene oder die durch sie kodierten Proteine für ihren eigenen Vorteil zu nutzen. Dies ermöglicht es den Erregern, die pflanzlichen Abwehrmechanismen zu umgehen oder direkt in die Wirtszelle einzudringen.

Ein bekanntes Beispiel für ein Anfälligkeitsgen ist das Mildew resistance locus O (Mlo) bei Gerste. Die durch das Mlo-Gen kodierten Proteine sind unter normalen Umständen an der Zellmembran-Integrität und Signalkaskaden beteiligt, die für die Pflanze von Nutzen sind. Bestimmte Pilze wie der Echte Mehltau nutzen jedoch das Mlo-Protein, um die Pflanze zu infizieren. Wenn das Mlo-Gen durch Genmutation oder Genomeditierung mit der Genschere ausgeschaltet wird, zeigt die Gerste eine erhöhte Resistenz gegen den Mehltaupilz, da der Infektionsweg blockiert ist.

Durch das gezielte Ausschalten dieser Anfälligkeitsgene können Wissenschaftler heute Pflanzen entwickeln, die gegen bestimmte Krankheiten resistent sind, ohne die pflanzlichen Abwehrmechanismen direkt zu verändern.

Beispiele für solche Forschungsprojekte:

Mit der Genschere CRISPR/Cas konnte der Zitruskrebs bei Orangenbäumen besiegt werden. (Bildquelle: © NoName_13 / Pixabay)
Bei einem Forschungsprojekt konnten mit einem RNA-Spray Blattläuse erfolgreich bekämpft werden (© Fraunhofer IME / Leonie Graser)

RNA-Spray statt Chemie-Keule

Eine weitere innovative Bekämpfungsmethode von Pflanzenschädlingen und Krankheitserregern ist die sogenannte RNA-Interferenz oder kurz RNAi. Ursprünglich ist RNAi bei vielen Organismen ein natürlicher Abwehrmechanismus gegen eindringende Viren. Bei diesem neuartigen Verfahren - das sich noch in der Entwicklung befindet, aber sich schon bei zahlreichen Tests bewährt hat - werden die Pflanzen mit einem RNA-Spray statt mit chemischen Pflanzenschutzmitteln behandelt. Das Spray wirkt gegen Pflanzenviren, Pilzerreger oder Schadinsekten, ganz nach dem Design der eingesetzten synthetischen RNA-Moleküle.

Vereinfacht ausgedrückt bewirkt das RNA-Spray das Abschalten bestimmter lebensnotwendiger Gene von Schädlingen oder Krankheitserregern. Im Vergleich zu herkömmlichen Pflanzenschutzmitteln bietet der RNA basierende Ansatz drei wesentliche Vorteile:

  • Die Wirkung der RNA gegen die Pathogene ist sehr spezifisch, andere Organismen werden nicht geschädigt.
  • Die RNA wird sehr schnell abgebaut und reichert sich nicht in der Umwelt oder in Lebensmitteln an.
  • Es ist praktisch auch unmöglich, dass Schädlinge und Krankheitserreger Resistenzen gegen diese Art der Kontrolle entwickeln.

Diese Methode stellt somit eine umweltfreundliche und effiziente Alternative zu herkömmlichen chemischen Pflanzenschutzmitteln dar und könnte bald zur nachhaltigen Sicherung der Nahrungsmittelproduktion beitragen.

Beispiele für solche Forschungsprojekte:

 

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