Pflanzenforscherinnen
Pflanzenforscherinnen
Themenspecial

Pflanzenforscherinnen

Kämpferinnen, Wegbereiterinnen, Top-Wissenschaftlerinnen

 
abc
def
def
def
Dass Frauen studieren dürfen war nicht immer selbstverständlich. Im Gegenteil: Es hat über 800 Jahre gedauert, bis deutsche Hochschulen Frauen zum Studium zuließen (Anita Augspurg, Wikimedia Commons, gemeinfrei)

Vorbild und Mutmacher

Forscherinnen der „ersten Stunde“

Wie heißt eine berühmte Wissenschaftlerin? Meist kommt nur eine Antwort: Marie Curie. Ohne Frage eine Spitzenforscherin, die es zu Weltruhm gebracht hat. Doch es gab und gibt noch so viele andere Frauen, die Großartiges geleistet haben und der Wissenschaft zu entscheidenden Durchbrüchen verhalfen - doch meist im Schatten ihrer männlichen Kollegen blieben.

Frauen in Forschung und Lehre. Hier wollen wir einige Pflanzenforscherinnen des 19. und 20. Jahrhunderts ins Licht rücken, die es geschafft haben, sich in einer ehemaligen Männerdomäne durchzusetzen und große Akzente zu setzen: 

Elisabeth Schiemann, Margarete von Wrangell, Barbara McClintock, Agnes Arber und Emmy Stein, Forscherinnen aus England, den USA und Deutschland. 

Und sie waren sie nicht nur begnadete Wissenschaftlerinnen, sondern auch Wegbereiterinnen und Kämpferinnen. Einige eroberten den Zugang von Frauen zu Universitäten und Akademien, gehören zu den ersten Frauen, die sich habilitieren konnten und eine Professur erhielten. Einige wehrten sich auch gegen den Terror des Dritten Reiches, retteten jüdische Mitbürger. Vor diesen Frauen können wir nur den Hut ziehen.

„Fräulein Doktor, wir grüßen Dich!“

Schlagzeile der „Vossischen Zeitung“ zur ersten Promotions-Prüfung einer Frau in Berlin im Dezember 1898.

Die erste Promovendin in Berlin war Elsa Neumann (1872–1902). Sie promovierte am 18. Februar 1899 an der Philosophischen Fakultät der Berliner Universität in Physik. Alle Berliner Tageszeitungen berichteten über dieses Ereignis, sie war zwischen 1898 und 1902 in Berlin eine Berühmtheit geworden.

Schwerer Start

Sturm auf die Männerdomäne

Frauen und Wissenschaft – über lange Zeit schloss sich das nahezu aus. Frauen wollten natürlich auch studieren, aber Männer verwehrten ihnen den Zugang zum Wissenschaftsbetrieb. So waren bei der Entstehung der „modernen“ Universitäten in Deutschland – Anfang des 19. Jahrhunderts – nur Männer zugelassen, sowohl in der Studentenschaft als auch im Lehrkörper. In anderen Ländern sah es nicht viel anders aus.

Frauen mussten sich ihren Platz in der Wissenschaft erst mühsam erkämpfen. In Deutschland nahmen sie ab 1860 ihr Schicksal in die Hand und pochten auf ihr Recht. Doch es dauerte noch bis 1908, bis sie erstmals regulären Zugang zu den Universitäten bekamen. Ein Recht auf Habilitation und damit die Möglichkeit, Professorin zu werden, gab es z.B. in Preußen erst ab 1921. Doch auch danach gab es zunächst kaum Professorinnen, da Vorurteile den Studentinnen eine akademische Karriere oft verbauten.

Heute haben Frauen die Hörsäle entgültig erobert und machen wissenschaftliche Karriere - auch Dank so starker Vorkämpferinnen wie Schiemann, Arber und Co. Das sollte im Sinne der Gleichberechtigung ohnehin eine Selbstverständlichkeit sein.

Aber ein Wehrmutstropfen bleibt: Es gibt immer noch deutlich mehr Männer als Frauen in höheren akademischen Positionen und in leitender Funktion in der Industrie.  Dadurch geht der Wissenschaft erhebliches kreatives Potenzial verloren. Das kann sich eine Welt nicht erlauben, die mehr denn je wissenschaftlichen Fortschritt braucht - um nachhaltiger, sozialer und reichhaltiger zu werden.

Zur vorletzten Jahrhundertwende waren Frauen in Hörsälen noch eine Ausnahme (Austrian National Library, Jeremy Bishop, Unsplash)
Elisabeth<br>Schiemann
Elisabeth<br>Schiemann

Elisabeth
Schiemann

(*1881 - †1972)

Elisabeth Schiemann

Deutsche Genetikerin und Kulturpflanzenforscherin

Sie gilt heute als Mitbegründerin der Paläoethnobotanik, sammelte und erhielt wertvolle genetische Ressourcen von Wildformen und Landsorten unserer Getreidearten. Darüber hinaus war sie Widerstandskämpferin während der Zeit des Nationalsozialismus.

* 15. August 1881 in Fellin, Gouvernement Livland, Russisches Kaiserreich
† 3. Januar 1972 in West-Berlin, Deutschland

Tochter des Historikers Theodor Schiemann (* 1847; † 1921)

Das Grab von Elisabeth Schiemann befindet sich auf dem St-Annen-Kirchhof in Berlin-Dahlem. Es ist seit 2018 als Ehrengrab der Stadt Berlin gewidmet.

Genetik und Geschichte der Getreidearten waren ein zentrales Forschungsfeld der Forscherin (© Peggychoucair, Pixabay)

1906 schrieb sie sich als Gasthörerin für Naturwissenschaften an der Universität Berlin ein. Als Frauen im Jahr 1908 das Studium in Preußen allgemein erlaubt wurde, gehörte sie zur ersten Generation von Frauen, die offiziell zum Studium zugelassen wurden. Sie promovierte an der Universität Berlin 1912 mit der Arbeit „Über Mutationen bei Aspergillus niger van Tiegh“. Ihr Doktorvater war der renommierte Züchtungsforscher Erwin Baur.

Anschließend wurde sie Baurs erste Assistentin am von ihm eingerichteten Institut für Vererbungsforschung an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin. Sie half es aufzubauen, wurde zur Oberassistentin und habilitierte 1924 in Botanik „Zur Genetik des Winter- und Sommertypus bei Gerste“. 

Sie erforschte neben Genetik auch die Geschichte der Getreidearten und deren Entwicklung aus Wildformen, hielt Vorlesungen über Samenkunde und Fortpflanzungsbiologie und betreute die Getreidesammlungen. Trotz ihres Engagements übergeht Baur sie bei der Stellenvergabe. Es kommt zur Trennung. Danach übernahm sie einen unbezahlten Arbeitsplatz im Botanischen Museum in Berlin-Dahlem. Nur mit Stipendien und Lehrtätigkeit an der Berliner Universität kann sie ihren Lebensunterhalt bestreiten. Da ihre experimentellen Möglichkeiten eingeschränkt waren und sie als Frau nicht an botanischen Sammelexpeditionen teilzunehmen durfte, arbeitete sie mehr und mehr theoretisch.

1932 veröffentlichte sie ihr Buch „Entstehung der Kulturpflanzen“, was zu einem Standardwerk wurde. 1943 übernimmt sie die Leitung der Abteilung für Geschichte der Kulturpflanzen am Kaiser-Wilhelm-Institut für Kulturpflanzenforschung.

Den Nationalsozialismus lehnte Elisabeth Schiemann entschieden ab. Sie verabscheute als Genetikerin die politisch motivierte und irrsinnige Rassenideologie des Regimes und äußerte sich öffentlich dazu, etwa in ihren Vorlesungen - die sie mit Zitaten jüdischer und russischer Autoren "garnierte". Im Jahr 1940 wird ihr die Lehrerlaubnis entzogen. Ihren Kampf gegen die Nationalsozialisten setzte sie aber entschlossen mit persönlichen Engagement fort. So versteckte sie gemeinsam mit ihrer Schwester Gertrud die jüdischen Schwestern Andrea und Valerie Wolffenstein. So überlebten die beiden den Holocaust.

Erst nach der NS-Zeit erhielt sie 1946 eine außerordentliche Professur an der Universität Berlin. 1949 wird ihre Abteilung zur „Forschungsstelle für Geschichte der Kulturpflanzen“ an der Max-Planck-Gesellschaft, die sie bis zu ihrer Pensionierung 1956 leitete.

Die israelische Gedenkstätte Yad Vashem verlieh ihr 2014 posthum den Ehrentitel „Gerechte unter den Völkern“ für ihren Einsatz für verfolgte Juden.

Mit ihrer Arbeit über den Ursprung der Kulturpflanzen hat sie eine Forschungsrichtung definiert, die heute aktueller ist denn je. Denn Grundlagenforscher:innen und Züchter:innen gehen heute wieder zurück an den Ursprungsort einer Pflanzenart. In alten Sorten und Wildpflanzen ist die genetische Vielfalt noch am größten und es finden sich in solchen Pflanzen beispielsweise Resistenzgene, die im Laufe der Anpassung an neue Standorte und im Züchtungsprozess verloren gegangen waren. Auch Dank ihrer Arbeit werden diese "genetischen Schätze" heute wieder genutzt.

Die israelische Gedenkstätte Yad Vashem. Elisabeth Schiemann wurde hier als "Gerechte unter den Völkern" geehrt (© Chabuk, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0)
Margarete<br>von Wrangel
Margarete<br>von Wrangel
Margarete<br>von Wrangel

Margarete
von Wrangel

(*1877 - †1932)

Margarete von Wrangell

Agrikulturchemikerin, Agrarwissenschaftlerin und Pflanzenbiologin.

Sie war Deutschlands erste ordentliche Professorin und gründete das Institut für Pflanzenernährung der Landwirtschaftlichen Hochschule Hohenheim.

 

* 26. Dezember 1876 in Moskau
† 21. März 1932 in Hohenheim

Tochter des russischen Generals Baron Karl Fabian von Wrangel (1839–1899) und Julie Ida Marie von Wrangel (1843–1927)

Ihr außergewöhnliches Leben sie zu einer zentralen Persönlichkeit in der modernen Frauen- und Geschlechterforschung gemacht.

Sie entdeckte, wie man durch Phosphordüngung die Erträge steigern kann (© Darkmoon_Art, Pixabay)

Vor 100 Jahren (1923) wurde sie die erste ordentliche Professorin in Deutschland. Doch davor lag ein langer Weg. In ihrer Tätigkeit als Privatlehrerin für Naturwissenschaften fand sie keine Erfüllung, daher begann Margarete von Wrangell im Alter von 26 Jahren ein Hochschulstudium. Sie studierte von 1904-1909 in Tübingen und Leipzig Botanik und Chemie. Im Jahr 1909 bestand sie ihre Promotion „summa cum laude“ (die bestmögliche Bewertung einer Doktorarbeit) an der Eberhard Karls Universität Tübingen bei Professor Wilhelm Gustav Wislicenus. Ab 1910 folgten wissenschaftliche Lehr- und Wanderjahre mit Aufenthalten in Estland, London, Straßburg und bei Marie Curie in Paris.

1912 übernahm sie die Leitung der Versuchsstation des Estländischen Landwirtschaftlichen Vereins in Reval. Die russische Revolution wurde ihr zum Verhängnis: Sie weigerte sich, das Institut freiwillig abzugeben und kam ins Gefängnis.

1918 kehrte sie zurück nach Hohenheim und arbeitete an der Landwirtschaftlichen Versuchsstation Hohenheim. Sie erforschte den Nährstoffzustand des Bodens und Phosphordüngung wurde ihr Steckenpferd. Es folgte die Habilitation über "Gesetzmäßigkeiten bei der Phosphorsäureernährung der Pflanzen" im Jahr 1920.

Es war die erste Habilitation an der Universität Hohenheim. Ihre Ergebnisse werden zur Grundlage für ein neu entwickeltes Düngungssystem, die Aereboe-Wrangell-Düngung, mit der man sich in Deutschland erhofft, unabhängiger vom Import von Rohphosphaten zu werden.

Am 1. Januar 1923 wurde sie zur ersten ordentlichen Professorin an einer deutschen Hochschule ernannt. Sie wurde Professorin für Pflanzenernährungslehre an der Landwirtschaftlichen Hochschule in Hohenheim und erhielt ihr eigenes Institut für Pflanzenernährung, das sie bis zu ihrem Tod leitete.

1934 wird ein Gedenkstein mit dem wissenschaftlichen Leitspruch der Forscherin aufgestellt: „Ich lebte mit den Pflanzen. Ich legte das Ohr an den Boden und es schien mir, als seien die Pflanzen froh, etwas über die Geheimnisse des Wachstums erzählen zu können“.

Video: Margarete von Wrangell: Deutschlands erste ordentliche Professorin ( © Universität Hohenheim, YouTube)
Barbara<br>McClintock
Barbara<br>McClintock
Barbara<br>McClintock

Barbara
McClintock

(*1902 - †1992)

Barbara McClintock

US-amerikanische (Zyto-)Genetikerin und Botanikerin.

Sie erhielt mit 81 Jahren den Nobelpreis für die Entdeckung der Transposons („springende Gene“) in den 40er Jahren. 

Ein weiterer wichtiger Beitrag ist ihre Mitwirkung bei der Aufklärung des Crossing-overs (1931).

* 16. Juni 1902 in Hartford, Connecticut, USA 
† 2. September 1992 in Huntington, New York, USA

Tochter des Arztes Thomas Henry McClintock und der Pianistin Sara Ryder (geb. Handy) McClintock.

Seit 2003 ist sie Namensgeberin für den McClintock Ridge, einen Gebirgskamm in der Antarktis. Ihr zu Ehren wird der McClintock Prize für Pflanzengenetik verliehen.

Ihr wurde die National Medal of Science vom US-Präsidenten verliehen (National Science Foundation, gemeinfrei)

Sie studierte von 1919 bis 1925 Botanik an der Cornell University in den USA – wo sie ebenfalls 1927 promovierte und bis 1931 forschte und lehrte. Danach arbeitete sie, durch Stipendien finanziert, an anderen Universitäten, darunter auch in Deutschland. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten ließ diesen Aufenthalt jedoch kürzer werden als ursprünglich geplant und sie kehrte an die Cornell University zurück. 

1931 erbrachte sie gemeinsam mit ihrer Studentin, Harriet B. Creighton, den ersten experimentellen Beweis für das "Crossing-over." Das ist ein Prozess, der während der Meiose stattfindet - einer Form der Zellteilung, die zur Bildung von Spermien und Eizellen führt. Während der Meiose tauschen homologe Chromosomenpaare  genetisches Material aus. Durch den Austausch entsteht eine neue Kombination von Genen auf jedem Chromosom, was zur Erzeugung von genetischer Vielfalt innerhalb der Nachkommen beiträgt. Das Wissen über diese Vorgänge hat auch die moderne Pflanzenzüchtung revolutioniert.

1936 wurde sie schließlich Assistant Professor an die University of Missouri, wo sie bis 1941 arbeitete. Sie erforschte dort, wie Röntgenstrahlung Chromosomenbrüche beim Mais verursachen. Sie wechselte danach an das Cold Spring Harbor Laboratory in New York, wo sie bis zu ihrer Pensionierung forschte. 

1944 wurde sie Mitglied der Ehrengesellschaft „National Academy of Sciences“ und damit zur dritten Frau, der diese Ehre zuteil wurde.

Einer ihrer bahnbrechendsten Entdeckungen waren die "springenden Gene" (Transposons). Sie entdeckte sie 1951 in Maispflanzen. Während ihre Fachkollegen glaubten, dass alle Gene fest im Erbgut verankert sind, bewies McClintock mit ihren Experimenten an Maispflanzen, dass es auch springenden Gene gibt, die je nach Umwelteinflüssen ihre Position im Erbgut ändern können. Es war eine grundsätzliche Entdeckung, deren Bedeutung weit über ihr Versuchsobjekt, dem Mais, hinausgeht. Transposons finden sich in den meisten Organismen und sind unter anderem für die Antibiotika-Resistenz der Bakterien verantwortlich. Ebenso ermöglichen sie unserem Immunsystem, Fremdsubstanzen zu erkennen. Aber auch evolutionäre Vorgänge können auf die springenden Gene zurückgeführt werden. 

Für diese wissenschaftliche Leistung erhielt sie 1983 den Nobelpreis für Medizin. Damit war McClintock die erste Frau, die einen ungeteilten Nobelpreis erhielt. 1970 erhielt sie bereits die National Medal of Science, die höchste wissenschaftliche Auszeichnung der US-Regierung, die ihr von Präsident Richard M. Nixon übergeben wurde. 

Springende Gene: Sie sind die Ursache für die Vielfarbigkeit dieser Maiskolben (© Asbestos, Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0)
Agnes<br>Arber
Agnes<br>Arber
Agnes<br>Arber

Agnes
Arber

(*1879 - †1960)

Agnes Arber

Englische Botanikerin und Pflanzenmorphologin.

Sie ist bekannt für ihre Studien zur vergleichenden Anatomie der Pflanzen, vor allem der von einkeimblättrigen Arten.

Erste Botanikerin, die in die Royal Society aufgenommen wurde.

* 23. Februar 1879 in London
† 22. März 1960 in Cambridge

Tochter von Henry Robert Robertson, der eine Privatschule in Slough betrieb, und seiner Frau Agnes Lucy Turner.

Nach ihr ist die Pflanzengattung Arberella aus der Familie der Süßgräser (Poaceae) und die Pilzgattung Arberia benannt.

Das Gebäude der Royal Society in London (© Kaihsu Tai, Wikimedia Commons, CC BY 2.5)

Agnes Robertson Arber war ein Multitalent: eine Pflanzenanatomin und Morphologin und gleichzeitig eine Philosophin der Biologie und Historikerin in der botanischen Forschung. Arber veröffentlichte im Laufe ihrer Karriere über 90 wissenschaftliche Arbeiten. 

Arber wurde 1879 als Tochter des Künstlers Henry Robertson geboren, der ihr seine Fähigkeiten im technischen Zeichnen vermittelte, die sie während ihrer gesamten Ausbildung und Karriere im Studium der Pflanzenanatomie nutzte. 

1905 beendete sie ihr Studium am University College in London und Newham College in Cambridge. Bereits 1912 veröffentlichte sie ihr bekanntestes Buch „Herbals, Their Origin and Evolution: A Chapter in the History of Botany, 1470-1670“, das zum Standardwerk wurde. Anschließend konzentrierte sie sich auf die Morphologie und Anatomie der einkeimblättrigen Pflanzenarten und -gruppen. Inspiriert wurde sie dabei von ihrer Kollegin und Mentorin Ethel Sargent.

In ihrer nächsten Schaffensphase widmete sie sich der Erforschung der Pflanzengruppe der Gramineae, insbesondere von Bambus, Gräsern und Getreiden. Sie beschrieb die Lebens-, Reproduktions-, Embryologie- und die Vegetationszyklen dieser Pflanzen anhand vergleichender anatomischer Untersuchungen.

In Anerkennung ihrer fundamentalen Beiträge zur Botanik wurde sie 1946 als Mitglied (Fellow) in die Royal Society gewählt. Sie war die erste Botanikerin und die dritte Frau, die in diese berühmte wissenschaftliche Einrichtung gewählt wurde. Aufgrund ihrer wissenschaftlichen Verdienste erhielt Agnes Arber im Alter von 69 Jahren die Linné-Medaille der Linnean Society of London. Sie war die erste Frau, die diese Auszeichnung erhielt.

Als Arber 1960 starb, hatte sie acht Bücher über Botanik und Philosophie veröffentlicht, die mit dem 1957 erschienenen Werk "The Manifold and the One" (Das Vielfältige und das Eine) - einer Erforschung des Konzepts der universellen Einheit - ihren Abschluss fand.

Emmy<br>Stein
Emmy<br>Stein
Emmy<br>Stein

Emmy
Stein

(*1879 - †1954)

Emmy Stein

Deutsche Pflanzenphysiologin und -genetikerin

Sie gehört zu den ersten Forscher:innen, die molekularer Prozesse der Vererbung auf bei höheren Organismen untersuchte. Dazu zählen Untersuchungen zur mutagenen Wirkung von Radiumbestrahlung auf Pflanzen.

* 21. Juni 1879 in Düsseldorf
† 21. September 1954 in Tübingen

Hermann Joseph Muller entdeckte auch die mutagene Wirkung von Radiumstrahlen - sechs Jahre später und bei Fruchtfliegen. Nur er erhielt für diese Leistung den Nobelpreis.

Stomata (Spaltöffnungen) auf der Oberfläche von Blättern (© barbol88, iStock.com)

Ihre Karriere begann sie an der „Gartenbauschule für gebildete Frauen“ in Berlin  (1904–06). Sie unternahm in dieser Zeit eine einjährige botanische Forschungsreise nach Ägypten, Ceylon, Java, Japan und Sibirien. Dabei untersuchte sie ausgiebig die Tropenflora und sammelten Pflanzenmaterial. 

Doch ihr Drang zur Wissenschaft wurde größer und 1908 begann sie ein Studium der Naturwissenschaften mit dem Schwerpunkt Biologie zunächst in Zürich, Tübingen und Heidelberg, schließlich in Jena. 1913 promovierte sie mit der Arbeit „Über Schwankungen stomatärer Öffnungsweite“ bei dem Botaniker Ernst Stahl. 

Im ersten Weltkrieg von 1914 bis 1917 arbeitete sie beim Roten Kreuz. Dann trat sie eine Stelle bei dem renomierten Genetiker und Züchtungsforscher Erwin Baur am ersten deutschen Institut für Vererbungsforschung an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin an, wo sie bis 1939 blieb. Hier arbeitet sie u. a. zusammen mit Elisabeth Schiemann. 

Bereits 1919 begann sie, die Wirkung von Radiumbestrahlung auf Vegetationspunkte von Pflanzen zu untersuchen. 1921 stellte sie ihre Arbeit „Radiumstrahlen auf Antirrhinum“ erstmals auf einer Tagung vor. Dabei berichtete sie, dass ionisierende Strahlung auf Organismen eine mutagene Wirkung hat. Erst sechs Jahre später entdeckte Hermann Joseph Muller dieselbe Wirkung bei der Fruchtfliege (Drosophila) – er  bekam für seine Arbeit den Nobelpreis für Physiologie/Medizin - Emmy Stein ging leer aus.

Aber ihre Entdeckung, dass durch Bestrahlung Mutationen bzw. Veränderungen von Genen in Pflanzen ausgelöst werden, führte schließlich zur Methode der Mutationszüchtung.
Sie ist ein wichtiger Ansatz in der Pflanzenzüchtung, die genetische Variabilität zu erhöhen, um letztlich neue Sorten mit verbesserten Eigenschaften zu entwickeln. Beispiele sind ein höherer Ertrag oder eine verbesserte Resistenz gegen Krankheiten.

Von 1940 bis zu ihrem Tod arbeitete sie am Kaiser-Wilhelm-Institut/MPI für Biologie in Berlin-Dahlem und zieht 1949 mit dem Institut nach Tübingen.

Radioaktive Strahlung erzeugt Mutationen im Pflanzengenom (MaxxL, gemeinfrei)

   

Gemeinsam stark!

Chancenförderung, Mentoring, Karriere und Netzwerke für Forscherinnen

   

Chancengleichheit verbessern

  • 52,6 Prozent der Hochschulabsolvent:innen sind heute Frauen und ihr Anteil bei den Promotionen beträgt 45,5 Prozent 
  • Aber nur 22 Prozent der Professuren sind mit Frauen besetzt.

„Der Fortschritt ist eine Schnecke. Wenn sich die Gleichstellungpolitik in den Tempo weiterentwickelt, werden wir frühestens im Jahr 2100 ebenso viele Professorinnen und Professoren an den Hochschulen haben“.

Andreas Keller, Vizevorsitzender und Vorstandsmitglied für Hochschule und Forschung der GEW, 2016

Die Wissenschaft braucht kreative Köpfe. Doch noch sind Fördermaßnahmen nötig, um den Frauenanteil weiter zu erhöhen (© Nima j72, Wikipedia, CC BY-SA 4.0)

100 Jahre ist es her, dass mit Margarete von Wrangell in Deutschland die erste ordentliche Professorin eine Stelle antrat. Verbeamtet, eigener Lehrstuhl, das hatte vor ihr noch keine Frau geschafft. Die Chemikerin lehrte, forschte, leitete ein renommiertes Institut für Pflanzenernährung. Ein Jahrhundert später gibt es in Deutschland immer noch ein Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen, wenn es um die akademische Karriereleiter geht. Nur ein Viertel der Professuren besetzen Frauen

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Noch immer müssen Frauen einen Großteil der Betreuungsarbeit für ihre Kinder alleine leisten. Und das ist eher schwer mit einem Vollzeitjob zu vereinbaren. Hinzu kommen große Unsicherheit bei der Karriereplanung, Befristungen bei den Arbeitsverträgen und hohe Mobilitätsanforderungen. Aber auch Diskriminierung ist leider immer noch eine Ursache für diese Situation.

Es ist sicherlich ein Kulturwandel in der Wissenschaft nötig, um diese Situation grundlegend zu ändern. Aber es gibt auch bereits eine Reihe von Förder- und Unterstützungsmaßnahmen an vielen Hochschulen, Forschungseinrichtungen und Stiftungen, um Nachwuchswissenschaftlerinnen gezielt zu fördern. 

Dazu gehören:

  • Förderstipendien für Studentinnen und Wissenschaftlerinnen, 
  • Preise und Auszeichnungen, 
  • Mentoring/Coaching-Programme, 
  • Gastprofessuren für Frauen-und Geschlechterforschung, 
  • Frauenstudiengänge, 
  • Netzwerke, 
  • Fördereinrichtungen und –initiativen sowie
  • Web-/Informationsressourcen zur Frauen- und Gleichstellungsförderung.

Das Kompetenzzentrum Frauen in Wissenschaft und Forschung (gesis - Leibnitz-Institut für Sozialwissenschaften) hat eine Übersicht solcher Fördermöglichkeiten zusammengestellt, die erste Orientierung geben kann:

>> Förderprogramme für Frauen in Wissenschaft und Forschung (gesis, 2020)

 

Auch wenn es in Sachen Chancengleichheit noch so einiges zu tun gibt, steht eines fest: Frauen haben durch ihre Talente und wissenschaftlichen Fähigkeiten die Welt bereichert und nachhaltig verändert.

So waren es vor wenigen Jahren wieder zwei Frauen, denen ein grandioser wissenschaftlicher Durchbruch gelang. Sie fanden und optimierten ein genetisches Werkzeug, mit denen beliebige Gensequenzen in lebenden Organismen gezielt verändert werden können: Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna. Ihre Erfindung: die CRISPR-Cas9-Technologie.

Sie gilt in der Medizin, Biotechnologie und Landwirtschaft als Revolution. So lassen sich Krankheiten noch gezielter erforschen und Therapien entwickeln. Züchter weltweit nutzen heute diese Methode, um Kulturpflanzen zu optimieren - um sie beispielsweise vor Schädlingen und Krankheiten zu schützen oder an den Klimawandel anzupassen.

Für diesen Durchbruch bei der sogenannten Genomeditierung zeichnete das Nobelpreiskomitee die beiden Wissenschaftlerinnen 2020 mit dem Nobelpreis für Chemie aus.

Emmanuelle Charpentier. Zusammen mit Jennifer Doudna entwickelte sie die CRISPR-Cas9-Technologie. 2011 veröffentlichte Charpentier erstmals ihre Entdeckung und konnte bald darauf zeigen, dass das bakterielle Enzym CRISPR-Cas9 DNA sequenzspezifisch schneid